Gesundheit für alle – jetzt!
Eine Initiative der Evangelischen Stiftung Alsterdorf zur Verbesserung der Gesundheit und medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderung
Bei Menschen mit geistiger oder schwerer Mehrfachbehinderung werden Krankheiten oft nicht rechtzeitig erkannt und angemessen behandelt. Die Folge: Sie leiden häufiger an Schmerzen, das Risiko eines frühzeitigen Todes steigt. Die Behandlung ist aufgrund des spezifischen Hilfebedarfs komplexer und ressourcenaufwendiger. Das Gesundheitssystem ist auf die besonderen Bedarfe dieser Zielgruppe nicht eingestellt.
Gesundheit als wesentlicher Aspekt von Teilhabe
Die Evangelische Stiftung Alsterdorf (ESA) setzt sich für Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein. In den Bereichen Wohnen, Bildung, Arbeit und medizinische Versorgung. Dabei unterstützt sie Menschen mit Behinderung, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen. Gesundheit ist ein wesentlicher Aspekt von Inklusion und Teilhabe: Wer gesund ist, kann besser mitreden, mitmachen, mitbestimmen. Deshalb hat die ESA die Initiative „Gesundheit für alle – jetzt!“ gestartet.
Ziel ihrer Arbeit ist die konkrete Verbesserung der Gesundheit und medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderung. Bereichsübergreifendes Anliegen ist es, innovative Versorgungs- und Präventionsangebote zu entwickeln, die wohnortnahe Versorgung zu verbessern und das gesellschaftliche Bewusstsein für die Relevanz des Themas zu schärfen.
Beispiel Krankenhaus
Das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf gGmbH, das zur Stiftung gehört, hat einen besonderen Versorgungsauftrag für Menschen mit Behinderung.
Mit dem bundesweit ersten Qualitätsvertrag am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf (seit Oktober 2020) zur Versorgung von Menschen mit komplexen Behinderungen im Krankenhaus wird die stationäre Behandlung verbessert, u. a. durch ein effektives Aufnahme- und Entlassungsmanagement, eine Lotsin oder einen Lotsen als feste Bezugsperson, Unterstützte Kommunikation und Schulung der Mitarbeitenden. Bei den Patient*innen werden auf diese Weise Compliance, Selbstbestimmung und informierte Entscheidungen gefördert. Mit Qualitätsverträgen soll im Rahmen des Krankenhausstrukturgesetzes erprobt werden, ob sich die stationäre Versorgung durch höherwertige Qualitätsanforderungen und Anreize verbessern lässt. Die Versorgung von Menschen mit Behinderung im Krankenhaus ist eines der inzwischen acht ausgewählten Themen, zu denen ein Qualitätsvertrag abgeschlossen werden konnte. Qualitätsindikatoren und Evaluationskennziffern für „Menschen mit Behinderung“ wurden vom Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf in Zusammenarbeit mit der AOK Rheinland/Hamburg erstmals entwickelt und 2022 mit dem MSD Gesundheitspreis ausgezeichnet.
Ebenfalls im Verbund der Evangelischen Stiftung Alsterdorf: das Werner Otto Institut. DasSozialpädiatrische Zentrum ermöglicht Diagnostik und Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsverzögerungen und Behinderungen. Im Jahr 2022 wurde es mit dem HanseMerkur Preis für Kinderschutz für das eigens entwickelte Gebärden-Kommunikationsprogramm KUGEL ausgezeichnet. Hinzu kommt eine enge Kooperation mit dem Sengelmann Institut für Medizin und Inklusion (SIMI) zum Thema Transition, also Überleitung von volljährigen Patient*innen, um eine nahtlose medizinische Versorgung sicherzustellen.
Beispiel Gesundheitsförderung
Im Jahr 2022 startete das Innovationsfondsprojekt „Besser gesund leben“ zur individuellen Präventionsberatung (Bewegung, Ernährung, Stress, Sucht) für Menschen mit Behinderung und ihren persönlichen Assistent*innen zu den Themen Ernährung, Bewegung, Stress. Der Titel des Projektes und die Informationsmaterialien wurden in einem partizipativen Prozess entwickelt.
Beispiel wohnortnahe Versorgung
Das Projekt Gesundheit 25* (bezieht sich auf Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention): Im Rahmen dieses ESA-Projekts werden unter anderem runde Tische mit Krankenhäusern in anderer Trägerschaft initiiert, zum Beispiel dem Agaplesion Bethesda Krankenhaus Bergedorf oder der Asklepios Klinik Barmbek. Vernetzung in Quartieren mit niedergelassenen Ärzten und dem Bezirksamt, z. B. in Altona und Bergedorf, sind ein weiteres Ziel. Ebenso die Mitgestaltung einer Inklusionskonferenz.
Mit den aufgeführten Projekten, Angeboten und Initiativen will die Evangelische Stiftung Alsterdorf dazu beitragen, dass Menschen mit Behinderung bestmögliche Gesundheit erleben und damit ihr Recht (und ihre Möglichkeiten) auf Teilhabe stärken.
Hintergrund:
Die Zahl der Menschen mit zerebralen Störungen, geistigen, seelischen oder körperlichen Behinderungen in Deutschland nimmt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes jährlich zu. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung dieser Menschen – wie in der Bevölkerung allgemein. Damit wächst auch die entsprechende Patientenklientel in Kliniken und in den Arztpraxen. Zudem sind Menschen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen überdurchschnittlich häufig von zusätzlichen körperlichen und psychischen Störungen betroffen.
Für alle genannten Angebote gab es zum Start keine Regelfinanzierung im Gesundheitssystem. Teil des Engagements ist es, für die Ideen Spender*innen und Stiftungen zu gewinnen, die eine Anschubfinanzierung ermöglichen. Ziel ist es immer, die Angebote zu erproben und in eine Regelfinanzierung zu überführen.
Information zum Logo der Initiative
Das Logo der Initiative „Gesundheit für alle – jetzt!“ nimmt Bezug auf das Gemälde „Alsterdorfer Passion“ von Werner Voigt. Er war Bewohner der damaligen „Alsterdorfer Anstalten“ und wurde in den 1980ern Mitglied der Ateliergemeinschaft „Die Schlumper“, einer Gruppe von Künstler*innen mit unterschiedlichen Behinderungen. In dem Gemälde bringt er seine Kritik an den Anstaltsstrukturen zum Ausdruck: Gewalt, kaum Privatsphäre und Unterdrückung der Bewohner*innen gehörten zum Alltag. Die Figuren zeigen ihn „mit seiner Freundin Lotte“, wie er selbst schreibt. Das großformatige Gemälde hängt heute an zentraler Stelle beim Vorstand der Stiftung und ist tägliche Mahnung, die Würde und Rechte von Menschen mit Behinderung zu wahren und zu fördern.
Weitere Informationen auf unserer Website www.gesundheit-fuer-alle.jetzt