Arbeit

Der integrationsservice arbeit (isa) hilft Menschen mit Assistenzbedarf, einen Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt zu bekommen

Schon seit fünf Jahren arbeitet René Kleine bei der Lufthansa Technik auf dem Hamburger Flughafen. Dort transportiert er Material mit einem Seitenstapler oder einem Hubwagen in die Reparaturwerkstätten: Reifen, Toiletten oder Kaffeemaschinen für die Bordküchen. Acht Stunden in wechselnden Schichten.

Für den 41-Jährigen ist es beruflich nicht immer rundgelaufen. Die vielen praktischen Erfahrungen reichten häufig nicht. Hohe Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Druck und Papierkram überforderten ihn. René Kleine war arbeitslos, arbeitete auf Ein-Euro-Jobs. Über einen sozialen Beschäftigungsträger kam er zum Gartenbau und schließlich zur Lufthansa.

René Kleine
René Kleine

Bislang war Kleine bei alsterarbeit beschäftigt und bekam zusätzlich zu seinem Werkstattentgelt eine Erwerbsminderungsrente. Doch seit dem vergangenen Dezember ist Kleine in den ersten Arbeitsmarkt gewechselt und erhält ein „richtiges“ Gehalt.

Bei diesem Umstieg begleitet wurde René Kleine vom integrationsservice arbeit (isa), der zu alsterarbeit gehört. isa vermittelt Menschen mit Assistenzbedarf auf geschützte Arbeitsplätze.

Einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden und die Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu verlassen stärkt das Selbstständigkeitsgefühl vieler Menschen. „Sie bekommen einen echten Lohn und sind unabhängig von den Behörden“, erklärt Marta Redondo vom integrationsservice arbeit.

Der isa begleitet derzeit rund 220 Beschäftigte. Etwa 140 bis 150 von ihnen arbeiten auf sogenannten ausgelagerten Arbeitsplätzen bei externen Arbeitgebern und Kooperationspartnern. Sie sind aber Beschäftigte von alsterarbeit und beziehen ein Werkstattentgelt, das den externen Arbeitgebern in Rechnung gestellt wird. Andere haben – wie René Kleine – den Sprung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt geschafft und bekommen ihr Gehalt direkt vom Arbeitgeber. Dafür nehmen sie das Budget für Arbeit in Anspruch, das Menschen mit Behinderung bei ihrer Teilhabe am Arbeitsleben unterstützt. Das geschieht durch die Förderung des betreffenden Arbeitsplatzes für den Arbeitgeber („Minderleistungsausgleich“) und die Übernahme von Kosten für die Begleitung der Beschäftigten.

Schwerpunktthemen bei isa sind die Akquise von Arbeitsplätzen und die Beratung von Unternehmen. „Auf dem Arbeitsmarkt suchen wir gezielt nach Arbeitsplätzen für eine bestimmte Person“, sagt Marta Redondo. „Aber wir bekommen auch zunehmend Anfragen von Unternehmen.“ Gesucht werden häufig Mitarbeiter*innen für Dienstleistungs-, Pflege- und Reinigungsbereiche.

Ein weiteres innovatives Beispiel, wie der Weg zu mehr Inklusion gelingen kann, ist JobMe

alsterarbeit gewährleistet eine umfassende berufliche und medizinische Begleitung im Reha-Prozess. JobMe begleitet Teilnehmer*innen mit einer Epilepsie-Erkrankung zwölf Monate lang auf ihrem Weg in einen Job.

Die erfahrenen Reha-Coaches stellen in den ersten Wochen der Maßnahme einerseits gemeinsam mit den Teilnehmer*innen alle Informationen zusammen, die für eine künftige Tätigkeit relevant sind: medizinische Daten, Wunschbranche bzw. -tätigkeit, gewünschte Rahmenbedingungen wie Teil- oder Vollzeitbeschäftigung. Andererseits ist es ihre Aufgabe, passende Arbeitgeber zu finden, mit denen zunächst Arbeitserprobungen und Praktika vereinbart werden können.

Bei alsterarbeit nehmen aktuell zehn Personen an der Maßnahme teil. Drei davon schildern hier ihre persönlichen Erfahrungen und Eindrücke:

Janeke Bordewieck, mit 19 Jahren die jüngste Teilnehmerin, wurde im privaten Umfeld auf JobMe aufmerksam gemacht. Nach der Schule, die für sie belastend und erschöpfend war, war eine einjährige Pause nötig, um dann im Sommer 2022 mit JobMe zu beginnen. Sie hat die Maßnahme fast beendet und sieht ihre Zukunft im gärtnerischen Bereich. „Ich habe vier Praktika absolviert“, darunter auch im regulären Pflanzenhandel, „nun fange ich bald bei den alstergärtnern an.“ Hier kann sie ihre persönlichen Interessen und Bedürfnisse am besten mit beruflichen Anforderungen verknüpfen. Inklusion bedeutet eben auch, sich frei für eine Tätigkeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu entscheiden.

Judith Wesseloh, 43, ist seit Januar 2023 dabei und bereitet sich gründlich auf mögliche Bewerbungsgespräche vor. Sie hat viel berufliche Erfahrung. „Aber mit der Epilepsie war es nicht möglich, bei meinem alten Arbeitgeber zu bleiben.“ JobMe ermöglicht es den Teilnehmer*innen, in ihrem Tempo und an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst, Bewerbungen zu schreiben und dabei auf Unterstützung zurückzugreifen – oder diesen Prozess allein zu durchlaufen.

Anett Camara, 49, ist noch recht neu bei JobMe. Sie erzählt: „Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt. Es ist ein tolles Miteinander, das Verständnis für die anderen ist groß und das ist gerade bei dieser Erkrankung unheimlich wichtig.“ Sie hat schon eine Menge Bewerbungen geschrieben, noch war nicht der passende Arbeitgeber dabei. Aber das wird, da ist sie sich sicher. „Was ich mir wünschen würde, ist mehr Aufklärung zu dem Thema. Die allermeisten Menschen, also auch Chefs, haben keine Ahnung von Epilepsie und sind deshalb sehr skeptisch. Dabei kann man sich gut darauf einstellen!“